Soziale Staat stärken
Flucht, Migration und Integration
Wir unterstützen eine Politik, die Migration vorausschauend und realistisch gestaltet. Wir werden gemeinsam mit dem Bund reguläre Migration und Zuwanderung erleichtern. Menschen, die Schutz benötigen, erhalten in Niedersachsen Asyl. Für eine Erleichterung der Zuwanderung dringend benötigter Arbeits- und Fachkräfte wollen wir uns weiter einsetzen. Wir setzen uns für ein vereinfachtes Verfahren zur Umsetzung der bundesgesetzlichen Regelungen zum Familiennachzug und für eine erleichterte Arbeitserlaubnis für Geduldete ein. Gleichzeitig gilt, dass Menschen, die keine Aussicht auf Asyl haben, unser Land wieder verlassen müssen. In diesen Fällen werden wir die freiwillige Ausreise unterstützen. Wenn Abschiebungen notwendig werden, gestalten wir diese so human wie möglich. Die Abschiebungen Schwerkrimineller und von Gefährdern werden wir priorisieren und noch konsequenter durchführen. Für eine möglichst rasche Integration werden wir für alle Menschen, die nach Deutschland kommen, von Anfang an Integrationskurse anbieten. Kinder und Jugendliche sollen schnellstmöglich Zugang zu Bildung bekommen. Wir werden die bestehenden niedersächsischen Integrationsprogramme gemeinsam mit unseren Partnern weiter ausbauen und den niedrigschwelligen Zugang zu diesen deutlich erweitern. Migration, Integration und Teilhabe sind kontinuierliche dynamische Prozesse und betreffen in einer Gesellschaft der Vielfalt alle Menschen in Niedersachsen. Zur Unterstützung und Begleitung wurde die Migrationsberatung eingerichtet. Als Grundstruktur leistet sie vor Ort einen unverzichtbaren Beitrag zum Gelingen von Integration und Teilhabe. Deshalb werden wir die Finanzierung der Migrationsberatung verstetigen und dauerhaft auskömmlich absichern.
Das Soziale Netz stärken
Die Folgen der Corona-Pandemie wirken sich auf nahezu alle Lebensbereiche aus und bringen die sozialen Strukturen innerhalb unseres Landes an ihre Grenzen. Maßnahmen von Bund und Land wie das Kurzarbeitergeld, der Kinderbonus oder die Wirtschaftshilfen konnten zwar die allerschlimmsten Folgen für die Menschen, Einrichtungen und Dienste der sozialen Arbeit abfedern. Bereits vor der Pandemie bestehende gesellschaftliche Ungleichheiten wurden durch die Krise verschärft und die Schwachstellen unseres sozialen Systems aufgezeigt. Wesentliche Herausforderungen für die Zukunft sind zudem der Fachkräftemangel sowie die Digitalisierung der Sozialwirtschaft. Um dem Fachkräftemangel im Bereich der sozialen Berufe entgegenzuwirken, bedarf es der weiteren Aufwertung dieses Berufsfeldes. Zu wenige Erzieherinnen und Erzieher bedeuten eine Verknappung der Betreuungskapazitäten. Zu wenige Pflegekräfte bedeuten eine schlechte Versorgung im Gesundheitswesen und im Pflegesystem. Wir legen deshalb ein Programm „Zukunft Gesundheits-, Sozial- und Pflegeberufe“ auf. Unser Ziel ist es, die Ausbildungsquote in allen sozialen Berufen zu erhöhen und die Rahmenbedingungen im Job zu verbessern. Zum Programm zählt auch die vollständige Umsetzung der Schulgeldfreiheit in allen sozialen Berufsfeldern und die Schaffung von mehr Teilzeitarbeitsplätzen in Medizin, Pflege und Sozialarbeit, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Wir fördern mit diesem Programm den Ausbau der Plätze für ein duales Studium „Soziale Arbeit“ an staatlichen Hochschulen sowie finanzielle Unterstützungsleistungen für Studierende, um auch ein Studium an privaten Hochschulen zu ermöglichen. Teil des Programms wird auch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen des Freiwilligen Sozialen Jahrs sein, um mehr Fachkräfte für soziale Berufe gewinnen. Dazu sorgen wir für landeseinheitliche Qualitätsstandards für Träger von Freiwilligendiensten, setzen das Recht auf Freiwilligendienst um und schaffen weitere Anreize – wie beispielsweise kostenlose Jobtickets. Eine weitere Herausforderung stellt die digitale Transformation der Sozialwirtschaft in Niedersachsen dar. Obwohl wir von einer umfassenden Digitalisierung der Sozialwirtschaft noch weit entfernt sind, hat die Corona-Pandemie bereits viele Dinge beschleunigt und ermöglicht. Zur Bewältigung der anstehenden Digitalisierungsprozesse innerhalb der Sozialwirtschaft werden wir einen dauerhaft angelegten Infrastrukturfonds einrichten, um die Modernisierung in diesem Bereich voranzutreiben und digitale Beratungsleistungen weiter auszubauen. Für Letztere werden wir ein Refinanzierungsmodell entwickeln und auch das notwendige technische Equipment in den Beratungsstellen sowie das technische Know-how der Mitarbeitenden fördern. Zur Beschleunigung der Prozesse werden wir die KMU Förderung für digitale und nachhaltige Transformation für die freie Wohlfahrtspflege öffnen.
Freie Wohlfahrtspflege und soziale Dienste
Die Sicherungssysteme waren auch in der Pandemie vor allem dort besonders widerstandsfähig, wo etablierte Strukturen schon vor der Krise bestanden. Durch langjährige und vernetzte Kooperation der handelnden Akteure, insbesondere der Wohlfahrtspflege, war ein hohes Maß an Lösungskompetenz bereits vorhanden. Beratungsstellen sind während der Krise häufig dort eingesprungen, wo die Erreichbarkeit von Behörden nur eingeschränkt möglich war. Die Wohlfahrtsverbände sind für die postpandemischen Herausforderungen ein wichtiger Teil der notwendigen Hilfs- und Unterstützungsangebote. Diese Strukturen müssen stabilisiert und in ihrer Finanzierung verstetigt werden, damit sie ein dauerhafter Baustein in einem subsidiären System bleiben können. Die Arbeitsfelder der freien Wohlfahrtspflege sind von besonderer Bedeutung, vor allem sind hier die soziale Schuldnerberatung, die Suchthilfe, die Familienhilfe, die Jugendhilfe, die Schwangerenberatung sowie die Wohnungslosenhilfe zu nennen. Sozialer Arbeitsmarkt und Niedriglohnsektor Arbeit ist ein Menschenrecht und dient der Existenzsicherung. Sie trägt zur sozialen Sicherung und gesellschaftlichen Teilhabe bei. Ein sozialer Arbeitsmarkt ist ein wesentlicher Aspekt einer inklusiven Teilhabegesellschaft. In einer inklusiven Gesellschaft haben alle Menschen unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Bildungsweg, Alter, physischen, psychischen oder anderen Beeinträchtigungen einen Anspruch darauf, ihre Fähigkeiten im Arbeitsleben zu entfalten und durch Gute Arbeit soziale Sicherung und gesellschaftliche Teilhabe zu verwirklichen. Es gilt, die soziale Infrastruktur zu stärken und die Sicherungssysteme armuts- und krisenfest zu machen und, wo nötig, diese auszubauen. Besonders betroffen von Langzeitarbeitslosigkeit sind vor allem ältere Menschen, gering Qualifizierte ohne Schul- oder Berufsabschlüsse, Menschen mit schwerer Behinderung, Menschen mit gesundheitlichen und psychischen Einschränkungen und Alleinerziehende mit Kindern sowie Menschen, die aufgrund von Sprachproblemen benachteiligt sind oder aufgrund ihrer Herkunft auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert werden. Perspektivisch ist ein sozialer und inklusiver Arbeitsmarkt anzustreben, der allen Menschen ermöglicht, ihre Existenz durch Erwerbstätigkeit auskömmlich zu sichern, um damit die gesellschaftliche Teilhabe durch Arbeit für alle zu ermöglichen. Besonders von Niedriglöhnen betroffen sind Frauen, junge Berufstätige, Personen ohne Bildungs- oder Berufsabschluss und Migrantinnen und Migranten. Der Niedriglohnsektor muss effektiv begrenzt werden. Der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ muss darüber hinaus in allen Bereichen Realität werden. Das gilt vor allem für die sogenannten SAGE-Berufe (Soziale Arbeit, Gesundheit, Erziehung) mit einem hohen Anteil weiblicher Beschäftigung. Wir werden uns für die Begrenzung prekärer Arbeitsverhältnisse und die Schaffung verbesserter struktureller Rahmenbedingungen für Gute Arbeit stark machen. Als Hebel werden wir das Angebot zur flexiblen Kinderbetreuung und Weiterbildungen nutzen. In der Praxis sollten flexiblere Arbeitszeitmodelle zur Vereinbarung von Pflege und Beruf sowie Familie und Beruf geprüft werden, um insbesondere die Armutsgefährdung von Frauen und Alleinerziehenden zu reduzieren. Die Begrenzung von Leiharbeit, Befristungen und Minijobs sowie eine Tarifbindung in den Berufsfeldern sind notwendig. Wir werden Geringqualifizierte effizient fördern, um Geringverdienst sowie dem Fachkräftemangel parallel entgegenzuwirken. Mit diesem Set an Maßnahmen zielen wir auf die Sicherung armutsfester Löhne ab, damit in Zukunft endlich mehr Menschen gut von ihrer Arbeit leben können.
Inklusion von Menschen mit Behinderung
Mit der Novellierung des Niedersächsischen Behindertengleichstellungsgesetzes haben wir die Teilhabe von Menschen mit Behinderung nachhaltig gestärkt und verbessert. Das Gesetz wird vor allem für mehr Barrierefreiheit sorgen und mögliche Benachteiligungen von Menschen mit Behinderung weiter abbauen. Menschen mit Behinderung sollen in der Mitte unserer Gesellschaft selbstbestimmt und gleichberechtigt leben können. Das Land Niedersachsen wird ein Landeskompetenzzentrum für Barrierefreiheit errichten, dass Behörden, aber auch weitere Akteure, wie die Wirtschaft, in Fragen der Barrierefreiheit beraten und unterstützen soll. Eine wichtige Neuerung ist auch die Verpflichtung für öffentliche Stellen, barrierefrei zu bauen. Wichtig ist zudem, nicht Betroffene stärker für Inklusion zu sensibilisieren, damit die Belange von Menschen mit Behinderung bei der Planung und Umsetzung von Vorhaben im öffentlichen Raum konsequent mitgedacht werden. Von Landesseite müssen zudem verstärkte Anstrengungen unternommen werden, um auch von der Privatwirtschaft endlich mehr Barrierefreiheit einzufordern. Mit dem Haushalt für die kommenden Jahre investiert das Land insgesamt 2,6 Milliarden Euro für die Unterstützung von Menschen mit Behinderung – der mit Abstand größte Einzeletatposten. Wir werden uns dafür einsetzen, Barrierefreiheit in allen Bereichen umzusetzen und die Teilhabe weiter zu stärken. Letztere ermöglicht auch die Inklusion in den ersten Arbeitsmarkt, diese gilt es zu fördern. Für die Fortschreibung der Inklusionspläne in Niedersachsen sind neben den Verbänden auch Betroffene selbst zwingend in den Prozess mit einzubeziehen. Auf dem Weg zur Inklusion setzen wir auch auf die Bereitstellung notwendiger Unterstützungsangebote – wie Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher oder Assistenzleistungen. Darüber hinaus werden wir die Sozialraumorientierung in allen Angeboten der Eingliederungshilfe implementieren und ambulante sowie mobile Angebote unterstützen und diese fördern.